Montag, 21. Februar 2011

Der Tag an dem Ueli wehrhaft war


Morgens um halb drei irgendwo in der Innerschweiz. Die Hühner sind seit Stunden im Körbchen und wer jetzt nicht schläft ist wohl nicht von hier. Ueli wird jäh aus seinen süssesten Träumen gerissen. Schuld daran hat der linke Ellbogen vom Urseli, der unentwegt seine Flatterrippen mit Stössen traktiert. Dazu das Gekeife: "Ueli, Ueli! Ich hab was gehört". Der de-jure-Herr des Hauses horcht auf, als das Kratzen an der Türe aufhört und man die Scharniere knarren hören kann. Einbrecher! Hier, bei uns! Das ist sicher der, ähm, Farbige vom Nachbardorf, der wohnt schon seit zwei Jahren dort und hat sich noch nichts zu Schulden kommen lassen, irgendwann musste es ja soweit sein. Ueli schiessen Bilder durch den Kopf, Suffphantasien vermischen sich mit echten Fernseherlebnissen und Abstimmungsplakaten. Die Schergen des Mafiabosses stürmen die Wohnung eines Unschuldigen und statuieren an seiner Familie ein Exempel. Hatte er sich mit seiner hitzigen Rede am Kirchweihfest Feinde gemacht? Schliesslich waren auch Auswärtige dort, solche aus der Stadt, die Kebap fressen und nachts heimlich zur Jagd aufs Land fahren, um die Rechtschaffenen zu dezimieren, damit Ihre wirren, staatsfeindlichen Ideen besser gedeihen können. Oder der Bub vom Gemeindeschreiber, der redet doch wie ein Muselmann und hat ein Spiel auf dem Telefon, mit dem er sich am Leute töten aufgeilt, gleich wie der Amokläufer im 10vor10. Seine Familie hat also nur noch wenige Minuten zu leben bevor sie so lange umgebracht werden bis sie tot sind. Ja, Ueli muss jetzt seine Pflicht erfüllen, auch wenn der Boden schrecklich kalt ist unter seinen nackten Füssen, seine Pflicht erfüllen und seine Familie schützen.
Während also die Fatalisten, blind vor gewaltgieriger Verzückung, durch den Eingang von Uelis Haus stürzen, um Frau, Kind und Hund im Schlaf zu massakrieren, zehenspitzentippelt Ueli zm Kleiderschrank. Jetzt muss er sich wehren. Und das kann er! Ein Griff unter die eingemotteten Blumenkleider seiner Mama, selig, die irgendwann auch dem lieben Urseli passen werden. Der Griff zur Waffe! Gut, eher zu einem Migrosack mit den Bestandteilen der Waffe. Nach letzten Obligatorischen wollte er sie putzen, zusammengekriegt hat er sie nie wieder.
Das Puzzle vor sich ausgeschüttet kniet er auf dem Boden und versucht, Eckstücke zu finden. Nein, keine Eckstücke, ... wie war das ...? Ueli beginnt zu summen oder singt leise vor sich hin: "Das Rundeeee muss in das Eckige, und das Rostigeeee kommt oben drauf, und das Ding da hängt an dem irgenwdas und das irgendwas ...", er murmelt, "habe ich dem Urseli gegeben, weil sie damit so gut den Abfluss auskratzen kann. Gopferdammi Urseli!". Jetzt heisst es, die Sachen zusammensammeln. Als braver Soldat hat sich Ueli natürlich an die Anweisungen vom Kadi gehalten [Ehrerhaltende Anmerkung des Erzählers: Der Ueli unterwirft sich natürlich nicht nahöstlicher Jurisdiktion, vielmehr ist der Kadi ist im Armee-Jargon der Kompaniekommandant], und den Verschluss und die Munition getrennt vom Gewehr, verschlossen aufbewahrt. Es gilt nun, folgende Stationen abzulaufen: Putzschrank im Gästebadezimmer, Schlüsselbrett, Schreibtisch-Schublade im Arbeitszimmer. Dann eine scheinbar nicht enden wollende Odysee durch diverse Aufbewahrungsmöglichkeiten im Keller und in der Garage (wo das verdammte Ding wohl sein mag?!) - Jetzt muss alles schnell gehn. Die Taschenmunition aufbrechen, der Kadi wird ihm das verzeihen, wenn er in der Zeitung von dem toten Neger liest, wobei die Zeitung den natürlich nicht so nennt, was sogar Ueli schliesslich in der Öffentlichkeit nicht mehr wagt, höchstens zwischen mittwoch und montag abend am Stammtisch nach ein paar Bier und immer öfter immer mehr Schnapps in der Beiz, als ob es je einem von denen Schaden zugefügt hätte, wenn man ihn so genannt hätte, wie es in unserer Sprache eben üblich ist, während unsere Rasse sehr wohl Schaden nimmt, wenn unser Kulturgut, unsere Sprache, den politischen Eskapaden der Linken zum Frass vorgeworfen wird, wird er vollstes Verständnis haben, denn er ist ja der, der im gleichen Dorf mit dem leben muss und, seitdem der da hingezogen ist, wahrscheinlich auch kein Auge mehr zumacht, die Patronen ins Magazin stopfen, möglichst leise, das Magazin einhängen, Gegenbewegung. Gelernt ist gelernt. Sekunden später steht Ueli in der Stube und hält dem kaltblütigen Tötungskommando den Lauf seiner Flinte entgegen. Er ist froh, hat er vor dem Abdrücken vergessen, das Gewehr durchzuladen, als ihm sein vierzehnjähriger Sohn über den Lauf des Sturmgewehr kotzt.

Lasset uns innehalten und dem Stimmvolk danken, dass wir uns, dank der Armeewaffe daheim weiterhin vor den kriminellen Waffenträgern sicher sein können.
Nota bene: 37% der 20-Minuten-Lesern sagten in der Umfrage vor der Abstimmung, wenn ihnen die Armeewaffe weggenommen würde, würden sie sich privat eine Waffe kaufen. Sicher ist sicher.

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